Was ist Archäozoologie
Die Archäozoologie beschäftigt sich vorrangig mit den Überresten von Tieren aus archäologischen Grabungen, seltener mit solchen aus natürlichen Ansammlungen. In Basel werden hauptsächlich Tierknochen, aber auch Muschel- und Schneckenschalen und Insektenreste analysiert und in einen geschichtlichen Zusammenhang gebracht.
Die Analyseverfahren sind vor allem makroskopischer Natur, die Reste werden aber auch für genetische und isotopische Untersuchungen verwendet.
Unsere Basler Forschungsschwerpunkte sind:
Umwelt und Wirtschaft im Neolithikum und der Bronzezeit
Durch die ausgezeichneten Erhaltungsbedingungen der Seeufersiedlungen ergeben sich in der Schweiz und in Süddeutschland die weltweit besten Voraussetzungen für umwelt- und wirtschaftsgeschichtliche Untersuchungen. Speziell werden die durch den Menschen hervorgerufenen Umweltveränderungen sowie die Abhängigkeiten der Kultur- und Wirtschaftsgeschichte von der Klimageschichte untersucht.
Die Resultate zeigen eine grössere Abhängigkeit des prähistorischen Menschen von kurzfristigen Klimaschwankungen auf als dies bisher vermutet wurde. Dies hat grosse Konsequenzen für die archäologischen und archäobiologischen Forschungen im Bereich der Trockenbodenfundstellen, welche ungleich schlechtere Erhaltungsbedingungen aufweisen.
Die Haustierhaltung und ihre Bedeutung in der Eisen- und Römerzeit
Aufgrund der hohen Datendichte leisten archäozoologische Untersuchungen einen wesentlichen Beitrag zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte der keltischen und der provinzialrömischen Bevölkerung der Schweiz. Wirtschaftsgeschichtliche Ergebnisse sind besonders für Fragen in Bezug auf die Romanisierung von Interesse. Neben chronologischen Entwicklungen werden auch regionale Unterschiede sowie die Bedeutung unterschiedlicher Siedlungstypen (Städte, Vici, Militärlager, Gutshöfe) untersucht. Innerhalb dieser Fundstellen können schliesslich noch Aussagen zu den sozialen bzw. funktionalen Unterschieden (Wohngebiet, Werkstätten, Heiligtümer, Gräber) gemacht werden. Dieses komplexe System kann nicht ausschliesslich durch traditionelle archäologische Untersuchungen erforscht werden, sondern verlangt immer mehr nach archäobiologischen Analysen.
Wirtschaft, Ernährung und Umwelt vom Frühmittelalter bis in die Neuzeit
Die zunehmend zahlreicher werdenden archäozoologischen Untersuchungenxen erlauben die Beschreibung der wirtschafts- und ernährungsgeschichtlichen Entwicklungen in der Schweiz nach der römischen Okkupation. Anhand der Tierknochen lässt sich nicht nur die allgemeine Versorgungssituation der früh-, hoch- und spätmittelalterlichen Bevölkerung rekonstruieren, sondern es lassen sich auch soziale Unterschiede bei der Nahrungsversorgung feststellen. Mit dem Einbezug von neuzeitlichen Komplexen ergibt sich die Chance, wirtschaftliche Veränderungen, welche im Zuge der Industrialisierung der Landwirtschaft erfolgten, auch archäozoologisch zu fassen.
Wirtschaftsarchäologische Ergebnisse sind für die Mittelalterarchäologie von besonderer Bedeutung und vermitteln neben wirtschaftshistorischen, ausschliesslich auf schriftlichen Quellen basierenden Ergebnissen eine zusätzliche Informationsquelle für die Rekonstruktion der mittelalterlichen Lebensumstände. Die Verknüpfung von Ergebnissen der wirtschaftsarchäologischen und der historischen Forschung ist die unbedingte Voraussetzung einer möglichst realistischen Geschichtsschreibung.
Archäologische Kleintierreste
Neben der Untersuchung der Grosstierfauna stellt die Untersuchung der Kleintierreste eine weitere wichtige Disziplin der Archäozoologie dar. Kleinsäuger, Vögel, Fische, Amphibien und Reptilen finden sich regelmässig in archäologischen Strukturen. Vor allem Fische und Vögel aber auch einzelne Kleinsäuger-, Amphibien oder Molluskenarten wurden seit jeher in unterschiedlichem Ausmass vom Menschen als Nahrungsressource genutzt. Neben Aussagen zur Ernährungs- und Lebensweise des Menschen können Kleintierreste bei der Rekonstruktion der damaligen Umwelt an Land wie zu Wasser wichtige Informationen liefern. Nur wenige der fragilen Reste von Mikrovertebraten werden auf der Grabung mit dem blossen Auge entdeckt. Für die Untersuchung werden deshalb Bodenproben auf der archäologischen Grabung genommen, die Kleintierreste draus extrahiert und mit Hilfe der Vergleichssammlung identifiziert. Zusammen mit anderen Disziplinen der naturwissenschaftlichen Archäologie können mit der Analyse der Kleintierreste Aussagen zu prähistorischen und historischen Substinenzstrategien und Umweltentwicklung erarbeitet werden.
Knochen, Geweih und Zahn (Elfenbein) als Werkstoff
Bein stellt in prähistorischer, römischer und historischer Zeit einen wichtigen Rohstoff dar. Im Zentrum dieses Forschungsschwerpunktes steht die Rohmaterialwahl, das Rohstoffmanagement, die Technologie (u.a. mit Hilfe der experimentellen Archäologie), die Typologie und die Chronologie von Beinartefakten. Chronologisch stehen die Jungsteinzeit und die römische Epoche im Vordergrund. Im Zusammenhang mit der Rohstoffwahl erlangt die osteologische Bestimmung der Artefakte eine grosse Bedeutung. Hierzu wurden zerstörungsfreie Bestimmungmethoden entwickelt.