Arbeitsgruppe Geoachäologie PD Dr. Philippe Rentzel
Die Geoarchäologie ist eine naturwissenschaftliche Disziplin, die geowissenschaftliche Methoden auf archäologische Fragestellungen anwendet. Sie unterstützt archäologische Feldforschung bei geologisch-bodenkundlichen Problemen und ermöglicht in gemeinsamen Projekten mit der Archäobiologie detaillierte Rekonstruktionen der Landschaftsentwicklung und von anthropogenen Prozessen in- und ausserhalb von Siedlungen. Ziel der geoarchäologischen Untersuchung ist es, Vorgänge sichtbar zu machen, die sich hinter (archäologischen) Schichten und Strukturen verbergen.
Einführende Literatur
- Ismail-Meyer K., Rentzel Ph. (2018). Geoarchäologie und Mikromorphologie: Auf Spurensuche in archäologischen Schichten. In: T. Burri/R. Stapfer, (ed.) Naturwissenschaftliche Methoden in der Archäologie. Mitteilungen der Naturforschenden Gesellschaft in Bern, Bd. 75 (Bern 2018) 178–197.
- Bieri, R. (2022). Menschengemacht oder natürlich? Den Bodenschichten auf der Spur. Berichte! Denkmalpflege und Archäologie Luzern 15, 42-49.
- Stolz C., Miller C.E. (2022). Geoarchäologie (Berlin, Heidelberg 2022).
- Goldberg P., Macphail R., Carey C., Zhuang Y. (2022). Practical and Theoretical Geoarchaeology (Chichester, Wiley Blackwell 2022).
Die Vermittlung dieser Kompetenzen ist Ziel der geoarchäologischen Ausbildung an der Universität Basel und ein fester Bestandteil der Lehre im Studium der Prähistorischen und Naturwissenschaftlichen Archäologie (PNA). Die Studierenden werden in einem dreisemestrigen Zyklus in die geologisch-bodenkundlichen Grundlagen sowie in die Methoden der Geoarchäologie eingeführt:
- Geoarchäologie I (Vorlesung): Vermittelt die geologisch-bodenkundlichen Grundlagen anhand von Theorie und Fallbeispielen.
- Geoarchäologie II (Blockkurs): Praxisorientierte Einführung in die Mikromorphologie.
- Geoarchäologie III (Blockkurs): Dokumentation, Analyse und Auswertung von Bodenprofilen und archäologischen Schichtabfolgen am Realbeispiel.
- IPNA-Seminar und weitere (Pro-)Seminare
Im Rahmen zahlreicher Feldeinsätze und Forschungsprojekte haben sich die Mitarbeiter:innen der Arbeitsgruppe Geoarchäologie auf verschiedene Aspekte spezialisiert und decken gemeinsam ein breites Wissen ab:
- Landschaftsgeschichte und Quartärgeologie: Rekonstruktion der Bodenentwicklung, von Seespiegelschwankungen, fluvialen Systemen etc. auf Basis geologischer, pedologischer und sedimentologischer Resultate.
- Site Formation Processes: Rekonstruktion von Schichtbildungsprozessen, Aktivitäten, taphonomischen Aspekten und Interpretation von archäologischen Strukturen (in Feuchtboden- und Mineralbodensiedlungen)
- Petrografische Untersuchungen: Makroskopische und mikroskopische Untersuchungen an Keramikscherben und Steinartefakten
- Baumaterialien: Analysen von Mörtel, Bau- und Werksteinen, Lehmkonstruktionen etc.
- Analyse von Koprolithen: Mikroskopische Untersuchung von Dung, Stallungen, Koprolithen, Latrinensedimenten und Eingeweideparasiteneiern
- Histotaphonomie: Mikroskopische Untersuchung von Knochen bezüglich Bioerosion, Kollagengehalt und Hitzeeinwirkung
Für geoarchäologische Auswertungen sind verschiedene Arbeitsschritte notwendig, die in gegenseitiger Absprache mit den Archäolog:Innen erfolgen. Von der Feldarbeit bis hin zur mikromorphologischen Interpretation ist mit mehreren Monaten zu rechnen. Ein Bericht auf Basis makroskopischer Beurteilungen (auf der Ausgrabung oder an Proben) kann in der Regel meist zeitnah vorgelegt werden.
Feldarbeit
- Makroskopische Beurteilung von Profilen und archäologischen Strukturen nach geologisch-bodenkundlichen Kriterien
- Detaillierte Schichtansprache und Dokumentation
- Entnahme von orientierten Blockproben für mikromorphologische Untersuchungen
- Entnahme von Lockergesteinsproben für geochemische und granulometrische Untersuchungen (siehe unten)
Leitfaden zur mikromorphologischen Probenentnahme im Feld
Werkstattarbeit
In unserer Werkstatt werden hauptsächlich Blockproben aufbereitet, die später für mikromorphologische Analysen verwendet werden. Dies umfasst folgende Arbeitsschritte:
- Präparieren, Reinigen und Fotografieren
- Schonendes Trocknen
- Eingiessen mit Epoxydharz
- Aufsägen mittels Diamantsäge (Herstellung sog. Anschliffe)
- Polieren von Anschliffen
- Sägen von Blöckchen für die Dünnschliffherstellung; letztere findet in Speziallabors statt
Für die mikromorphologische Analyse mittels Bodendünnschliffen stehen folgende Apparaturen zur Verfügung:
- Binokulare (Leica MZ12) mit Auf- und Durchlicht
- Petrographische Polarisationsmikroskope (Leica DMRX, Leica DMRP, Leica DMEP)
- Fluoreszenzmikroskop (Laborlux 12 POL)
- Digitalkameras für fotografische Aufnahmen am Mikroskop (Leica DFC 420, Leica DFC 320)
- Makroskop (Leica Z16 APO) mit Multifokussystem
Laboranalysen
Für die sedimentologischen und geochemischen Analysen an Lockersedimenten stehen folgende Untersuchungsmöglichkeiten zur Verfügung:
- Geochemie (pH-Wert; Kalkgehalt-, Phosphat- und Humusgehalt; Glühverlust)
- Granulometrie (Korngrössenanalyse) mit Siebverfahren (Sand- und Kiesfraktion) und Malvern-Mastersizer (Ton- und Siltfraktion)
Die Sedimentansprache der Geoarchäologie geht in der Regel etwas mehr in Detail als die reguläre archäologische Ansprache und dient als Vorbereitung für die mikromorphologische Beurteilung der Dünnschliffe.
Dies sollte möglichst im Originalzustand des Profils erfolgen. Ist dies nicht möglich, so kann dies auch nachträglich durch die Geoarchäologie am IPNA erfolgen, dazu müssen die Proben, gerade bei feuchten Sedimenten, jedoch gut Verpackt, Transportiert und gelagert werden. Konsultieren Sie dazu bitte unseren Guide zur Probeentnahme.
Zugangsanfrage Sammlung Geoarchäologie
Für Informationen zur Zugangsberechtigung wenden Sie sich bitte über das untenstehende Formular an uns: